“Rücksicht”, “Gleichberechtigung” und “Gleichstellung”; Schlagwörter, die Hand in Hand mit Barrierefreiheit gehen. Der Behindertenbeirat München definierte barrierefreies Internet in einer Beschlussvorlage als “...Web-Angebote, die von allen Nutzer:Innen unabhängig von ihren Beeinträchtigungen oder technischen Möglichkeiten uneingeschränkt (barrierefrei) genutzt werden können.”
Den meisten Web-Entwickler:Innen ist Accessibility ein Begriff, über den man zumindest schon des Öfteren gestolpert ist. Wir gehen hier auf die konkreten Vorteile und Umsetzungsmöglichkeiten ein.
EU-Direktive 2016/2102 & SEO
Abgesehen von der Idealvorstellung, dass ein Angebot schon allein aus moralischen Gründen allen Menschen gleich einfach zugänglich sein sollte, gibt es für manche Anbieter auch eine gesetzliche Verpflichtung dazu. Die Europäische Union hat bereits 2016 eine Direktive erlassen, die alle öffentlichen Einrichtungen bzw. Ämter ihrer Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, einen Mindeststandard an Barrierefreiheit in ihren Online-Angeboten umzusetzen.
Für all diejenigen, die nicht unter ein solches Gesetz fallen, hier ein kleiner Ausflug in die Suchmaschinen Optimierung (SEO): Zwar ist Accessibility an sich kein Kriterium für das Ranking bei Google, das Einhalten einiger Regeln, die für Barrierefreiheit nötig sind, kann aber trotzdem zu einem besseren Ergebnis führen. Das liegt vor allem daran, dass die meisten der verwendeten Standards für eine bessere Maschinen-Lesbarkeit sorgen und damit die Seite besser durchsuchbar wird.
WCAG 2.1 - AA
Hinter dieser kryptischen Überschrift verbirgt sich die Abkürzung für die Web Content Accessibility Guidelines in der Version 2.1 und der Stufe AA. Diese Richtlinien wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) verfasst und dienen weltweit als Grundlage, um Barrierefreiheit zu bemessen und auch umzusetzen. Die Stufe der Barrierefreiheit reicht dabei von A bis AAA, wobei der mittlere Standard AA für Behörden innerhalb der EU Vorschrift ist.
Die WCAG Quick Reference, a11y, Lighthouse und andere Tools
Bei der Frage, wie ich das Ganze nun umsetzen kann, stehen zum Glück ausführliche Dokumentationen und praktische Tools zur schnellen und kostenlosen Verfügung:
Die WCAG Quick Reference
Auf dieser Website kann man nicht nur alle Kriterien für Barrierefreiheit nach Level filtern und nach Kategorie unterteilt ansehen, es sind außerdem noch die jeweiligen Erfolgskriterien und mögliche Stolperfallen gelistet - mit weiterführenden Links zu Implementierungshilfen!
Wenn es an irgendeiner Stelle Unklarheiten gibt, diese Seite beseitigt sie auf jeden Fall.
a11y - Accessibility neu aufbereitet
Während die WCAG größten Wert auf Vollständigkeit und einheitliche Standards legt, geht es bei dem Projekt a11y (die 11 steht für die elf Buchstaben in accessibility zwischen dem a und y) um eine Neu-Aufbereitung der bestehenden Standards. Ziel ist ein leichter und niederschwelliger Zugang, der es erleichtern soll, mit dem Thema Barrierefreiheit anzufangen.
Lighthouse - Den eigenen Stand prüfen
Natürlich möchte und muss man während der Umsetzung auch prüfen können, inwieweit die eigene Implementierung den Anforderungen gerecht wird. Für Web-Angebote im Browser liefert Google hier mit Lighthouse ein sehr mächtiges Tool.
Zwar haben Safari und Firefox (und damit sind dann die drei meistgenutzten Browser-Engines abgedeckt) ebenfalls eingebaute Accessibility-Prüfer, aber Lighthouse für Chrome hebt sich hier mit gut aufbereiteten Reports von der Konkurrenz ab.
Die Werkzeuge lassen sich jeweils über die Entwicklungs-Tools abrufen und können zahlreiche Kriterien automatisiert überprüfen.
Fazit
Auch wenn die automatisierten Test-Verfahren nicht alle Fälle abdecken können, gibt es bereits gut aufbereitete Informationsquellen und Anleitungen, um das eigene Angebot barrierefrei zu gestalten. Damit sollte es mit geringem Aufwand möglich sein, bereits bestehende Projekte nachzubessern. Bei neuen Projekten bietet es sich an, Barrierefreiheit immer als Grundvoraussetzung mit aufzunehmen.